Am Südkreuz in der Bahnhofshalle
sah ich eine Taube liegen
auf dem kalten harten Stein.
Sie lag ganz still auf ihrer Seite.
Als ich so vorüberging, da
war der Boden voller Blut.
Das Blut war hell und warm und frisch,
ein jeder hetzte blind vorbei –
kein einziger warf einen Blick.
Die Botschaft war bestechend klar:
Wer keine Zeit zum Leben hat,
der hat auch keine für den Tod.
Da landeten zwei Artgenossen,
gingen auf die Taube zu und
stupsten sie ganz zärtlich an.
Ich dachte bloß: Wie arm ist das,
dass man für etwas Menschlichkeit
auf dieser Welt zwei Tauben braucht.
Als sich die andere nicht wehrte,
haben sie sie dann gefickt,
und wenig später waren sie fort.