Von den Erfindern des industriellen Massenmords und den Machern von Zyklon B.
 

Als die großen Umweltverbrecherprozesse begannen, waren die meisten schon alt. Die Anwälte plädierten auf Prozessunfähigkeit, und die Manager rechtfertigten sich damit, dass sie im Grunde bloß ihre Pflicht erfüllt hätten. Das sei alles ganz legal gewesen, hieß es. Es hätten schließlich alle gemacht, sagten sie. Man sei dem Anlegerprinzip verpflichtet gewesen und hätte im Übrigen bloß Befehle befolgt.

Die Anklage betonte die Beispiellosigkeit der Verbrechen, Prozessbeobachter bemängelten wie immer das Fehlen jeglicher Reue, und am Ende war auch wieder einmal von der Banalität des Bösen die Rede. “Niemals wieder.” versicherten die Politiker. “Niemals wieder!” rief die Menge vor dem Haus.

So machte man ihnen in großen Schauverfahren den Prozess. Die Beschuldigten protestierten wütend und nannten es Siegerjustiz, doch es half ihnen nichts: Die Anklage lautete auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und auf Terror gegen die Zivilbevölkerung. Sie hätten ein Klima der Angst erzeugt, um die Menschen gefügig zu machen, warf man ihnen vor. Die Luftverpester hätten Geld mit Sauerstoff gemacht und die Brunnenvergifter Geld mit Trinkwasser – die, die den Hunger entfachten, hätten auch die Lebensmittel verkauft und jene, die die Krebsepidemie auslösten, auch die Medikamente.

Das seien damals die europäischen Werte gewesen, beteuerten sie, während sie sich vollmundig auf den Nutzen für die Gesellschaft beriefen und die Verteidigung schon mal vorsorglich auf Nichtzuständigkeit des Gerichts plädierte. Kronzeugen führten jedoch aus, dass alles auf persönliche Bereicherung ausgelegt war, und die Anklage betonte, dass sich niemand einen zufälligen Kollateralnutzen als Willensakt anrechnen lassen dürfe.

Das Verlesen der Tier- und Pflanzenarten, die sie ausgerottet hatten, dauerte fast sieben Tage. Nachdem die Gutachter die Zerstörungen an der Umwelt vorgerechnet hatten, versuchten sie auch das menschliche Leid zu bemessen – all die Toten und Kranken, den Verfall der Infrastruktur und die Gewalt- und Hassverbrechen, begangen durch jene, die nichts mehr hatten und es dennoch nicht wagten, die wahren Schuldigen zu benennen.

Nach kurzer Beratung verurteilte das Geschworenengericht die Angeklagten zu langjährigen Haftstrafen. Als sie begriffen, dass es vorbei war, gab es einen ordentlichen Tumult.

“Geld ist groß!” brüllte einer von ihnen.

“Geld ist groß!!” riefen jetzt auch die anderen.

“Es gibt kein Geld außer Geld!” brüllte der eine.

“Es gibt kein Geld außer Geld!!” riefen jetzt alle im Chor.

So führte man sie schreiend ab.

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Stefan